Mittwoch, 30. April 2025

Von Büchern und Backsteinen


Theater Ticino, Seestrasse 57, Wädenswil


Pedro Lenz zu Gast bei der Lesegesellschaft Wädenswil

Mit einer grandiosen Lesung der Langenthaler Mundartautors feierte die Lesegesellschaft Wädenswil ihren diesjährigen Saisonabschluss.

Das Theater Ticino war bis auf den letzten Platz besetzt, als Pedro Lenz nach einer klugen persönlichen Einführung von René Peter die Bühne betrat und zu lesen begann. Schon nach wenigen Sätzen war das Publikum angetan von der warmen, tiefen Stimme, mit der der Autor seine durchrhythmisierten Passagen aus dem Roman Primitivo vortrug. Man tauchte ein in die achtziger Jahre, in das Leben des Maurerlehrlings Charly, der sich erst an den rauen, aber herzlichen Umgang seiner Kollegen auf dem Bau gewöhnen muss. Bald wird Primitivo, ein weitgereister und lebenskluger Spanier kurz vor der Rente, zu seinem Mentor, denn er erkennt, dass Charly kein gewöhnlicher Lehrling ist, sondern einer, der in der Mittagspause Bücher liest und sich durch Lesen den tieferen Sinn des Lebens erschliessen will. 

 

Der Roman wird von Charly aus der Rückschau erzählt, das gibt dem Autor die Möglichkeit, immer wieder humorvoll und augenzwinkernd von den zahlreichen Irrungen und Wirrungen seines jugendlichen Alter Egos zu erzählen. So gab es viel zu lachen, als man miterlebte, wie Charly die Gunst der Gymnasiastin Laurence zu gewinnen versuchte und dabei Vieles richtig, aber ebenso viel auch falsch machte. Trotz viel Situationskomik war indessen zu jeder Zeit klar, dass Pedro Lenz keine Anekdoten zum Besten gab, sondern aus einem literarisch souverän komponierten Roman vortrug: Primitivo ist eine überaus tragische Figur, das Buch beginnt mit seinem Unfalltod und alle Erinnerungen und Rückblenden sind Bausteine eines Denkmals für eine berührende, väterliche Figur. 

 

Zum Abschluss las Pedro Lenz noch drei Geschichten aus seinem jüngsten Band «Zärtlechi Zunge». Die Texte stammen mehrheitlich aus dem Alltag eines von seinen Kindern leicht gestressten Vaters und sind für den Bühnenvortrag geschrieben. Sehr zurecht sagte Lenz, es handle sich eigentlich um ein Liederbuch. Das war Spoken Word vom Feinsten! Der ganze Saal schwang im Rhythmus der Sätze mit, die getragen waren von perfekt getakteter Wiederholung und mundartlicher Wortakrobatik. Der langanhaltende und herzliche Applaus, der Pedro Lenz nach seinem Auftritt entgegenbrandete, war mehr als verdient.